Neue Impulse auf dem 33. Warsteiner Psychotherapie-Symposion
Gewalt in Therapiesituationen
Am 19. Juni 2024 fand das 33. Warsteiner Psychotherapie-Symposion statt, bei dem führende Experten und Expertinnen aus dem Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie zu Wort kamen, ebenso Vertreter des Landesverbandes NRW der Angehörigen psychischer Kranker e.V. und des Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener (EUTB). Ziel war es, die vielfältigen Erscheinungsformen von Gewalt im therapeutischen Alltag zu beleuchten und Wege zu einer gewaltfreieren Psychiatrie und Psychotherapie aufzuzeigen.
In seiner Begrüßungsrede bot Prof. Dr. Ronald Bottlender, Ärztlicher Direktor der LWL-Kliniken Lippstadt Warstein, den Teilnehmer:innen einen faszinierenden historischen Rückblick auf die Entwicklung des medizinischen Umgangs mit geistig-seelisch Erkrankten. Dabei beleuchtete er wichtige Meilensteine wie die Psychiatrie-Enquête und verdeutlichte, wie komplex das Thema Gewalt im therapeutischen Alltag präsent ist. Gewalt zeigt sich in vielen Facetten: von gesetzlich legitimierten Maßnahmen wie Zwangsunterbringungen über strukturelle und institutionelle Gewalt bis hin zu direkten und indirekten Formen, die sowohl von Therapeut:innen als auch von Patient:innen ausgehen können.
Während individuelle Gewalterfahrungen außerhalb der Therapie oft besprochen werden, bleibt die Gewalt innerhalb der Therapie häufig tabuisiert, was die Entwicklung und Umsetzung von Lösungsansätzen erschwert.
Prof. Dr. Meinolf Noeker, LWL-Krankenhausdezernent im LWL PsychiatrieVerbund Westfalen, betonte: „Wir müssen uns bewusst machen, welchen Einfluss Gewalt im therapeutischen Kontext hat und darüber offen diskutieren.“. Die Verantwortung liege darin, neue Wege für eine gewaltfreie psychiatrische und psychotherapeutische Praxis zu finden und die erarbeiteten Standards zu freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM) aktiv umzusetzen und mit Leben zu füllen.
Ein besonders interessantes Highlight der Veranstaltung war der Vortrag von Prof. Dr. Georg Juckel, Ärztlicher Direktor des LWL-Universitätsklinikums Bochum. Er stellte das innovative System der "TRACKS" vor, welches bereits in Bochum Anwendung findet. Dieses System setzt auf die Öffnung der Stationen und schafft Behandlungskontinuität, indem es die traditionelle Aufnahmestation durch ein flexibles und patientenorientiertes Modell ersetzt. "Alles aus einer Hand für alle Aspekte und Stadien der psychischen Erkrankungen" – dieser Ansatz ermöglicht nicht nur ein vielseitiges Angebot für Patient:innen, sondern fördert auch den engen Kontakt zwischen Patient:innen und ihrem Bezugstherapeuten sowie den Bezugspflegekräften.
Im Laufe der Veranstaltung präsentierten zahlreiche Expert:innen sowie Betroffene und deren Angehörige ihre Erfahrungen, mit dem Zweck, einen Raum für Austausch und Reflexion zu schaffen, um gemeinsam Lösungen für eine humanere und gewaltfreie therapeutische Praxis zu entwickeln. Dabei wurden insbesondere die strukturellen Rahmenbedingungen kritisch hinterfragt.
Das Warsteiner Psychotherapie-Symposion erwies sich erneut als wichtige Plattform für den interdisziplinären Austausch und die Weiterbildung im Bereich der Psychotherapie. Die über 80 Teilnehmer:innen konnten sich in den interessanten Beiträgen über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen informieren und wertvolle Erkenntnisse und neue Impulse mitnehmen.